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Eine schwierige Mission



Die Hinfahrt versuchte ich durch immer langsamere Geschwindigkeit noch etwas hinauszuzögern, weil ich mir einfach nicht darüber klar werden konnte, welches Vorgehen richtiger wäre: Gleich streng und unnahbar oder freundlich und liebenswürdig? Man kann es nicht hintereinander ausprobieren und so quälte ich mich mit der Entscheidung, bis mir ein Bild in den Kopf kam: Auf dem Frankfurter Flughafen sagte eine Zollbeamtin lächelnd in die Kamera 'ich versuche es zuerst mal mit einem Lächeln, da ist man nicht gleich auf Konfrontationskurs.' Das nahm ich als göttlichen Fingerzeig, fuhr wieder zügig und wurde auch prompt nicht mehr genervt angehupt ...


Froh darüber, endlich einen Parkplatz gefunden zu haben, versuchte ich mich über den Fußweg zu orientieren, als mich ein freundlicher Mann ansprach: „Suchen Sie etwas?“

Ich nannte ihm die Adresse und er streckte den Arm aus: „Da gibt es eine Abkürzung von hier aus ... Sie können es nicht verfehlen.“

Natürlich bedankte ich mich ebenso freundlich und marschierte los, da rief er hinter mir her: „Schwierige Mission, was?“

Oha, man sieht mir also die Anspannung an: „Ja, aber nur wer aufgibt, hat schon verloren ...“ Er winkte und verschwand aus meinem Blickwinkel, der feuchte kalte Wind blies mir unangenehm entgegen.


Ein kleiner mittelständischer Firmenbetrieb also, aber obwohl ich vorher keinen Termin vereinbart hatte, wurde ich von der Sekretärin „nur um ein paar Minuten Geduld“ gebeten.

Männerschritte näherten sich zügig – vor mir steht mein freundlicher Wegweiser von eben, sieht mich und lacht: „Das WIRD schwierig, der Chef ist streng, ich bin hier der Buchhalter.“


Tatsächlich wirkte der Chef sehr zurückhaltend und kühl, gab mir kurz die Hand und ließ mich wissen, dass er nicht viel Zeit habe, was denn so wichtig sei? „Zwei Menschen sind wichtig und ich verspreche Ihnen, wenn Sie mich ausreden lassen, bin ich in 7 Minuten wieder weg“, dabei versuchte ich mein gewinnendstes Lächeln.


Es wirkte nicht. Unwirsch wies er mich auf den Sitzplatz und neigte den Kopf zum Zuhören. Keine Zeit war zu verlieren: „Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich radikal zu Ungunsten einer bestimmen Menschengruppe verändert. In zwischenmenschlichen Beziehungen ist es immer unbeliebter, sich fest zu binden und Verantwortung zu übernehmen, andererseits will man z.B. mit Sexualität nicht warten ...“

Ich schaute nach, wie er reagierte, er sah einfach weiter auf seine Schuhspitzen.

„Das bringt zwangsläufig die ungeborenen Kinder in eine tödliche Gefahr: Man beseitigt sie auf eine so grausame Art und Weise, wie sich das menschliche bösartige Gehirn nur ausdenken kann. Außerdem tun unsere Mainstream-Medien so, als ob Kindergroßziehen ein Nebenjob sei, den man bei Bedarf delegieren könne und dass fremde Erzieher sowieso mehr Kompetenzen aufwiesen. Das alles kommt in einer geballten Ladung auf eine Schwangere zu, die jetzt mit dem 'goldenen Angebot' konfrontiert ist, ihr Kind noch im Mutterleib umzubringen. So ein Angstszenario gelingt leicht, denn Schwangerschaft ist immer ein Ausnahmezustand und da geht Frau nur allzu leicht in die Falle.“

„Und was hat das mit Ihnen und mit mir zu tun?“ fragte er kühl.

„Mit mir insofern, als ich alles daransetzen werde, die junge Schwangere von dieser Falle zurückzuhalten und mit Ihnen, weil sie bei Ihnen einen Praktikumsplatz hat. Es geht um nichts weniger als um Leben oder Tod.“

So – das waren die harten Fakten, ich lächelte so ausdauernd, dass meine Mundwinkel sich schon ganz eingefroren anfühlten.

Er dachte eine Weile nach: „Versprechen Sie mir, dass es keinen Ärger oder Stress oder sonstige Komplikationen mit ihr gibt?“

„Nein, das kann ich nicht. Unter den gegebenen Umständen wird es zwangsläufig zu Schwierigkeiten kommen. Aber ich verspreche Ihnen, dass außer mir noch eine andere Dame jederzeit korrigierend vor Ort eingreifen wird, sobald das nötig ist. Auch Unwohlsein ist nicht ausgeschlossen, jedenfalls jetzt am Anfang und vielleicht so gegen Ende, vielleicht gehört sie aber auch zu jenen Frauen, die Schwangerschaft ohne größere Beschwerden erleben. Erst nach der Geburt wissen wir dann mehr.“

Demonstrativ zog er seinen Ärmel zurück und schaute auf die Uhr:

„4 Minuten! Effizient genutzt!“

Ich schwieg und versuchte, in seinen Augen zu lesen – das war nicht möglich, sie blickten unbeteiligt.

„Wer ist es?“ fragte er schließlich.

„Sie sitzt draußen, ich hole sie rein“. So geschah es.


Bibbernd und blaß saß sie neben mir, ich berührte mit meiner Schuhspitze ihre Schuhe, um sie zu beruhigen.

Er stellte ein paar Sachfragen, die sie recht gut beantwortete, nur einmal reagierte sie unsicher. Dabei unterbrach er sie: „Wenn Sie keine Antwort haben, dann sagen Sie genau das: 'ich weiß es nicht' oder 'ich weiß es noch nicht', aber eiern Sie nicht so herum! Merken Sie sich das für Ihr Leben, das ist wichtig.“


Melina nickte stumm, mit Tränen in den Augen. Unvermittelt erhob er sich, wir auch: „Ich will es mit Ihnen probieren und meine Sekretärin wird prüfen, ob Sie sich bewähren. Wenn Sie Ärger machen, fliegen Sie!“


Melina wurde der Sekretärin vorgestellt, in knappen Worten erteilte er Anweisungen und dann streckte er mir die Hand zum Abschied hin.

Aber ich fragte ihn dann doch noch: „Das ging ja schnell! Womit haben wir Sie denn genau überzeugt?“

„Sie haben die Wahrheit gesagt!“

Er blieb kühl und widmete sich uns nicht mehr. Praise the Lord.


Kosten: 250,-€/Monat Zuschuss bis klar ist, ob Melina einen Lehrvertrag erhält.



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