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Eine entscheidende Wende


So, als wäre es eine große Weisheit, hielt uns Katja entgegen: „Das hat ja Verena B. auch in ihrem Buch so geschrieben: Ein Kind in die Welt zu setzen, ist das Schlimmste, was man der Umwelt antun kann!“

Natürlich, DAS musste ja jetzt auch noch kommen, dachte ich und fragte: „Haben Sie das Buch denn gelesen?“

„Nein, aber die Nachrichten darüber gehört – und außerdem stimmt ja, was sie sagt, sie ist schließlich Lehrerin und muss es schon von Berufs wegen wissen, oder?“ Katja ließ sich nicht die Butter vom Brot nehmen.

Lächeln, tief Luft holen und um eine Eingebung bitten. „Mit anderen Worten, sie teilen deren Meinung, dass wir Frauen DIE Bösen schlechthin sind, dass Frauen schuld sind. Immer. Und immer an allem! Verstehe ich Sie richtig, das finden Sie auch?“ Am liebsten hätte ich Katja geschüttelt, um sie aufzuwecken.

„Wie, sind 'Frauen an allem schuld'? Das sagt die Autorin doch überhaupt nicht,“ zeigte sich Katja verständnislos.

„Doch!“ Jetzt wurde ich ärgerlich. „Doch! Genau das sagt sie und sie erhofft sich exakt das, was Sie jetzt tun wollen: abtreiben, Ihr Kind totmachen. Sie rechnet fest damit, dass Schwangere wie Sie auf ihren Schwachsinn nicht nur reinfallen, sondern dass Frauen wie Sie in sich zusammensacken und bekennen: 'Stimmt! Ich bin eine böse Frau, weil ich ein Kind bekomme' ...“

„Wieso denn?!“ Katja bekam Tränen in die Augen. „Sie ist ein guter Mensch, das sagen die Politiker schließlich auch, sie setzt sich mit Courage für Umwelt und Feminismus ein!“

Von solchen Phrasen hatte ich in den letzten Wochen wirklich schon mehr als genug gehört: „Was ist denn, bitteschön, couragiert daran, ein wehrloses Mini-Kind im Mutterleib zu töten? Und wenn sie schon behauptet, dass jedes Kind die Umwelt verschmutzt: Warum springt sie zum Beweis dessen nicht als erste vom Balkon, sie war ja schließlich auch mal Kind und durfte weiterleben. Und im übrigen ist sie nicht Feministin, sie ist Radikalfeministin – also eine von vor-vorgestern, nicht eine von heute so wie Sie!“ Schweigen.

„Denken Sie ruhig nach, nehmen Sie sich Zeit und beantworten Sie mir, worin genau die Courage denn bestehen soll, wenn es um Abtreibung geht. Und danach erklären Sie mir bitte, wieso überhaupt eine solche Furie auf Sie solchen Eindruck machen kann? Sie scheint doch eher wegen ihrer selbstgewählten Kinderlosigkeit sehr depressiv zu sein und versucht nun als ultima ratio möglichst viele Frauen in die gleiche Falle zu locken. Eine solche verquaste Ideologie muss Ihnen doch die Augen öffnen ...“

So ging das nun schon eine Weile und es wurde Zeit, dass ich sie zum Mittagessen einlud. Als der köstlich duftende Nudelteller vor uns stand, sagte sie:

„Es geht nichts über ein gutes Mittagessen, das einem fertig vor die Nase gestellt wird.“ Dem stimmte ich zu und lachte: „Und glauben Sie, dass der Koch oder der Kellner unglückliche Menschen sind?“

Sie schaute sich um, lachte ebenfalls: „Neee. Wer so kocht und wer so seine Gäste begrüßt, der freut sich am Leben!“ Endlich. Und ich ergriff sofort meine Chance: „Ja! Und Sie gehen her und stellen sich schützend vor eine Autorin, die Frauen beschimpft, weil sie zu Hause kochen?“

„Wieso beschimpft sie die?“

„Na, sie behauptet, sie kenne Nur-Hausfrauen, die nur für Wäsche und Haushalt und Kinder zuständig seien, die völlig abhängig von ihren Männern seien und seit mehr als 5 Jahren nicht einmal gelacht hätten ...“

Katja schaute mich verblüfft an: „Haben Sie das Buch gelesen?“

„Nein, für sowas gebe ich kein Geld aus. Aber ich habe ihre Interviews gelesen – da können Sie lesen, wer sie ist und was sie will.“

Inzwischen waren wir längst den Fußweg an der Elsenz entlang zu ihr nach Hause unterwegs. Dabei unterhielten wir uns nicht mehr über die bevorstehende Abtreibung. Stattdessen über Politiker und warum die so sind, wie sie sind, und über Journalisten und warum die so sind, wie sie sind. Auch über ihr und mein Leben.

„Ich mache uns noch einen Kaffee“, sagte sie und ließ mich in ihre Wohnung eintreten und endlich sagte sie: „Sie haben Recht, mein Leben, das meines Kindes und das von meinem Mann – unser dreier Leben nimmt heute eine entscheidende Wende. Ich kann doch nicht wirklich so radikal vorgehen ...“

„Doch“, erwiderte ich. „Sie können schon radikal sein, aber radikal-gut, nicht radikal-böse wie die Buchschreiberin! Sie sind doch noch auf dem Weg, um glücklich zu werden, SIE haben noch nicht aufgegeben...“

In diesem Moment kam Ihr Mann zur Tür rein, legte den Mantel ab und rief: „Wenn Männer schwanger wären, dann gäbe es die Pille kostenlos und Abtreibung wäre an jeder Ecke zu haben! Das ganze ist doch eine reine Neid-Debatte!“

Mannomann.

„Das ist eine Hätte-wenn-Debatte, die können Sie gerne haben“, konterte ich. „Die Wirklichkeit der Männer sieht so aus: Wenn Männer schwanger wären, dann verlangten sie, dass man sie auf Händen zu tragen, ihnen jeglichen Wunsch von den Augen abzulesen habe. Außerdem verlangten Sie ein volles Gehalt von Staats wegen, weil sie die künftigen Steuerzahler unter großen Schmerzen zur Welt bringen und sie zu vernünftigen Erwachsenen erziehen. Das muss sich in der Rente widerspiegeln, so wie das jedem Managergehalt entspringt. SO siehts aus!“


Es wurde ein langer Abend. Aber am Ende stand für beide fest, dass eine Abtreibung nicht in Frage kommt.


Kosten: 1.838,61 € für Hilfe durch Paarberatung und Kinderzimmer


Lösung von

Schwangerschaftskonflikten

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